Samstags ist der Herr Jacob dem Himmel ganz nah
Veröffentlicht am 02.09.2005
in Redaktioneller Eintrag
Veröffentlicht am 02.09.2005
Samstags ist der Herr Jacob dem Himmel ganz nah
Nach der Turm-Karlene von 1925 schließt wieder jemand regelmäßig die Holztür zum Turmzimmer der Stadtkirche auf
Überblick über die Stadt und sich selbst: Turmführer Wolfgang Jacob in 26,66 Meter Höhe auf dem Südturm der Stadtkirche. Bild: Alfred Drossel
Mit 18 ist er aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Heute, mit 52, ist die Kirche sein Lieblingsplatz. Genauer gesagt: Der Turm der Stadtkirche am Marktplatz. Hoch oben ist Wolfgang Jacob dem Himmel ganz nah. Samstags können Sie dabei sein. Wenn Sie hinaufsteigen mit dem Turmführer und gucken, wie Ludwigsburg von oben aussieht.
Früher mal war Turmwächter ein Beruf. Meist waren es allein stehende Männer, die hoch über der Stadt nach Bränden Ausschau hielten und auf 16 Quadratmetern ein karges Dasein fristeten.
Der letzte Ludwigsburger Türmer war eine Türmerin: Karoline Brunner. Genannt wurde sie 'die Turm-Karlene' und viele hielten sie für eine Hexe. Endgültig stieg sie im Jahr 1925 vom Turm herab.
Doch heute, im Jahr 2005, wird die alte Holztür zum Turmzimmer wieder regelmäßig aufgeschlossen. Von Wolfgang Jacob. Der Wissenschaftler und Computer-Experte hat aber nicht etwa den Beruf gewechselt. Er ist kein Turmwächter wie anno dazumals. Aber in der Tradition der Türmer sieht er sich schon - als Turmführer.
Jeden Samstag steigt er dreimal hinauf. 118 Stufen rauf, 118 Stufen runter. Für einen, der täglich zehn Kilometer am Stück joggt, ein Klacks. Aber um Sport geht es Wolfgang Jacob nicht. Ihn fasziniert der Turm und seine Geschichte. Er taucht ein in die Historie dieser Stadt, in der er am Mörike sein Abi gemacht hat.
Der Ludwigsburger Türmer von heute hat was zu erzählen, wenn er samstags himmelwärts strebt, mit Turmbesteigern, die er unten vor dem Marktbrunnen eingesammelt hat.
Und es wird ihm nie langweilig dabei. Auch nicht, wenn er zum x-ten Male auf die Dächer der Stadt blickt. 'Da hat man den Überblick', sagt er. Und meint damit auch und vor allem den Blick auf das eigene Ich. Der Welt entrückt, sieht man sie manchmal klarer. Für Wolfgang Jacob heißt das: Hoch oben überblickt er 'die Kristallisationspunkte des eigenen Lebens'.
Und wenn er dort weilt, wo frühere Türmer unter großen Entbehrungen lebten, dann wird dem Vater eine Tochter namens Annagenia bewusst: 'Zum Lebensglück bedarf es eigentlich nur geistiger und körperlicher Gesundheit, glückserfüllter Partnerschaft und gesunder Kinder.'
Wilfried Hahn
Info:
Turmführungen mit Wolfgang Jacob samstags um 11 Uhr, 12.30 Uhr und 13.30 Uhr. Treffpunkt am Marktbrunnen.
Per Mausklick hoch über die Dächer der Stadt
Webseite für den Turm der Stadtkirche - Prächtiger Panoramablick als Höhepunkt
Altertümlich kommt sie daher, die Webseite für den Turm der Stadtkirche. Kirchthürme Ludwigsburg steht über der Startseite. Ja, Thürme noch mit h geschrieben, wie anno dazumal. Und dieses h steckt auch im Kirchthurmwächter Wolfgang von Ludwigsburg.
So nennt sich der Mann, der die Seite konzipiert und realisiert hat. Turmführer Wolfgang Jacob gibt der Internetpräsenz damit eine persönlich Note.
Der Tod seines Vaters führte Jacob vor zwei Jahren mit Stadtkirchenpfarrerin Simone Sander zusammen. Die Idee für die Webseite wurde geboren, der Dekan Rabus gab seinen Segen und Jacob, der Internet-Spezialist für 3D-Architektur-Visualisierungen machte sich ans Werk.
Herausgekommen ist eine Webseite von professionellem Zuschnitt. Die Besucher erwartet nicht nur eine Fülle von historischen Daten. Jacob ging es darum, dass per Mausklick der Stadtkirchenturm als architektonisches Bauwerk auch 'sinnlich' erfahren werden kann.
Optische Höhepunkte sind der 360-Grad-Panoramarundblick. Aufgenommen vom Turmkranz. Auch der Marktplatz kann am Computer rundum inspiziert werden. Und wer einmal oben war mit Wolfgang Jacob, kann sich selber sehen. Der Turmführer hält seine Gäste im Bild fest. Lauter strahlende Gesichter!
Mehr unter: www.kirchtuerme-ludwigsburg.de
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Die Online-Publikation dieses Artikels erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Ludwigsburger Kreiszeitung